Unheilig
Achtung Beleuchtungswechsel! Der Fokus unseres Festivals blickwechsel 2011 kulminiert in der Aufforderung: Fragen wir nach der moralischen Qualität unserer Gesellschaft mit den Mitteln des Theaters!
Nun hat sich der Suchscheinwerfer neu angerichtet, ohne das Motto des Festivals infrage zu stellen. In letzter Zeit gibt es verstärkt unsere Kunst betreffend Entwicklungen, die es lohnt, genauer zu beleuchten und die durchaus eine Reflexionsfläche unserer Gesellschaft darstellen.
Wo kommt eigentlich der ganze Trash im Puppentheater plötzlich her? Man kann auch ein Fan des Genres Puppen-Comedy sein, aber warum finden vornehmlich diese Arbeiten in den überregionalen Medien Widerhall? Das Feuilleton reflektiert seltsamerweise nur das Absurd-Makabre im Genre Puppen- und Figurentheater, wenn überhaupt. Damit stellt sich die Frage, ob sich dahinter die Erwartungshaltung an unser Genre von heute verbirgt? Und wenn ja, woraus resultiert sie? Doch nicht allein daraus, dass es diese Arbeiten gibt? Jede Künstlerische Arbeit sollte frei von Zwängen und Vorschriften sein, denn die Bewertung von Kunst und Theater ist auch eine Frage des persönlichen Geschmacks sowie der eigenen Verantwortung. Wir sind weder Kläger noch Richter. Aber woraus resultieren Meinungen, erwachsen Erwartungshaltungen? Ist der Erfolg dieser Arbeiten ein Spiegelbild unserer Gesellschaft? Ist es die Simplifizierung, der gehuldigt wird? Ist es das, was vor Allem die Medien als quotenverdächtig lieben?
Doch wodurch bildet sich Publikumsgeschmack und wie erreicht man jene Zuschauer, für die der Besuch von Theaterhäusern nicht zum kulturellen Alltag gehört? Das deutsche Millionenpublikum wird geprägt durch das, was auf Knopfdruck medial verfügbar ist. So wird inhaltliches Niveau bestimmt. Löblich, dass es zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten Kultur- und Theaterkanäle gibt. Diese jedoch fungieren als Feigenblätter, sind nur auf versteckten Programmplätzen zu finden. Um den bildungspolitischen Auftrag Genüge zu tun? Gleichzeitig jedoch wird in den Hauptprogrammen verstärkt in der simplen Unterhaltung gefrönt, um im Quotenkampf bestehen zu können.
Aber wer zum Teufel bestimmt das Niveau?! Letztlich der Künstler höchstselbst in seiner Verantwortung als öffentlich arbeitender Mensch. Da aber jedes öffentliche Arbeiten per se politisch ist, darf sich Anspruch nicht allein auf diese Tatsache berufen. Dem Begriff Puppenspielkunst ist das Wort Kunst immanent. Mit Selbstachtung und Stolz wird die Nähe zu unserer Profession zur Bildenden und den anderen darstellenden Künsten behauptet. Alle beteiligten Künste profitieren von der gegenseitigen Befruchtung.
Welches Bild jedoch wird durch die Medien an den Nicht-Szene-Kenner vermittelt und wie wirkt dessen Wahrnehmung auf die Entwicklung unserer Kunst zurück? Das ist die Frage, der wir uns auf dem Festival stellen wollen. Auch in einer öffentlichen Fachdiskussion. Wir werden mit den eingeladenen Inszenierungen des Festivals den Beweis antreten, dass das Puppen- und Figurentheater ernstzunehmendes Theater ist – was sonst! Dass sich die Künstler als politisch verantwortliche Menschen den bewegenden Fragen unserer Zeit stellen. Dass Theater noch immer eine moralische Anstalt ist, wie Schiller feststellte. Dass ein Unterhaltungswert sich nicht darüber definiert, wir oft der Zuschauer vor Lachen brüllt. Dass wir uns offenbar entgegen de Mainstream als unheilige Künstler begreifen, die ihrer Kunstform und dem Zuschauer Respekt erweisen.
In diesem Sinne wünsche ich uns gemeinsam eine aufregende und inspririerende Festivalwoche und freue mich, Sie in unseren Vorstellungen begrüßen zu dürfen.
Künstler / Artists
- Die Geschichte vom kleinen Onkel Puppentheater Magdeburg, D
- La Destin – Das Schicksal Compagnie Karyatides, B
- Punch and Judy in Afghanistan Stuffed Puppet Theatre, NL
- Et il me Mangea – und dann frass er mich auf DEUTSCHLANDPREMIERE Velo Theatre, F
- The worlds most amazing stories – Die unglaublichsten Geschichten der Welt DEUTSCHLANDPREMIERE Talkingobjekt Theatre, IL
- D´etats de Femmes – Das Ideal der Frauen DEUTSCHLANDPREMIERE La cie sappelle reviens, F
- Die Wille Känina Show Puppentheater Magdeburg und Gäste, D
- Früher war mehr Puppe – eine Erklärshow über das Figurentheater Puppentheater Magdeburg, D
- Bastard Dudapaiva Company, NL
- Des Kaisers neue Kleider Theater Laboratorium, D
- Paper Cut DEUTSCHLANDPREMIERE Yael Rasooly, IL
- Reineke Fuchs. Eine Vergangenheitsforschung Puppentheater Magdeburg, D
- Major Dux oder der Tag, an dem die Musik verboten wurde Bayerisches Staatsschauspiel München und National Theatre Kampala, D/UG
- Drei Affen Ensemble Materialtheater Stuttgart, D
- Epimetheus – gefangen in der Traumfabrik HfS „Ernst Busch“ Abt. Puppenspielkunst, D
- König Richard III. Puppentheater Magdeburg, D
- Der Tod und das Mädchen oder: Die Filetierung eines Schubertschen Streichquartetts Flunker Produktionen, Gebersdorf und Cherubin Quartett, Dresden, D
- Was Magdeburg immer schon aus Wien haben wollte, aber bisher nie bekommen hat Christoph Bochdansky, A
- Die Legende von Wilhelm Tell Theater & Philharmonie Thüringen, Puppentheater Gera, D
- Die Rabenfrau Agora Theater, B
- The little match seller DEUTSCHLANDPREMIERE Tip-Connection, FIN
- No Rose DEUTSCHLANDPREMIERE l´ateuchus, F
- Corazon de Angeles – Herz der Engel Theater Tol, B
- Poison – Gift DEUTSCHLANDPREMIERE Theater Mogilev, BY
- Traversees – Überfahrt Theatre de l´entrouvert, F
- Inua, der Schamane, das Pferd und der Tod DEUTSCHLANDPREMIERE Cie. z Machine, F
- Deriverie – Schiff in Not Cie. en verre er contre tout, F
- How to place your face 1 to 5 PREMIERE HfS „Ernst Busch“ Berlin, Abt. Puppenspielkunst
- Chicken House – Hühnerstall DEUTSCHLANDPREMIERE Carbid Theater, NL
- Terrible stories – schreckliche Geschichten Mimotaurus, CZ
- Focoalaire – Feuer und Luft PREMIERE Martinoli Zuzakova, CH/D
- Ein virtuelles Teufelswerk PREMIERE Fachhochschule Magdeburg/Stendal, D
- Heilige Mieter PREMIERE Förderverein der Jugendkunstschule Magdeburg, D
- Jammbell DEUTSCHLANDPREMIERE Irene Vecchia, I
- Attention Moose! – Achtung Elch! DEUTSCHLANDPREMIERE Matija Solce, HR
- TESLAbor PREMIERE Feisel/ Hamann/ Hochspannungsmuseum Dorsten, D
- Let it swing Big Band Uni MD, D
- Mozart grüßt Vivaldi Akademisches Orchester der Uni MD, D
- Weg des Wissens, Straße der Spinner Uni Magdeburg/ Magdeburger Künstler, D
- Der Tänzer und sein Avatar Alexandre Sementchoukov/ VDTC, RUS/D
- Ursula von Rätin Figurenheater Cornelia Fritzsche, D
- Dr. Faustus oder wie man über beantwortete Fragen verzweifelt Christoph Bochdansky, A
- Hermann und Hermine Eva Kaufmann, D
- Mono der Affe Electric Circus, NL
- Waldameisen auf Stadtgang Theater Pikante, D
- Timecruiser und Wasteländer Abakus Theater, NL
- Le Dame e la Serva – Die Dame und die Zofe Teatro Pavana, NL