Kommunale Ensemble-Puppentheater im Wandel

Ensemble Aufbruch (Jesko Döring)

„Wenn das Theater nicht seine eigene Struktur als Institut und als Produktionsweise befragt, dann wird es gar nichts infrage stellen.“ – Hans-Thieß Lehmann

Die Produktionsbedingungen der kommunalen Ensemble-Puppentheater unterlagen in den letzten Jahrzehnten enormen Veränderungen. Von den ehemals fast zwanzig zu DDR-Zeiten gegründeten Puppentheaterensembles sind nicht einmal mehr zehn aktiv. Wie können sie sich in einer Zeit immer rasanterer sozialer und kultureller Transformationen behaupten, einmischen, durchsetzen?

Wie können sie überleben? Wie bleiben sie für Nachwuchs attraktiv? Wie können sie ihre Produktionsbedingungen modernisieren? Wie können sie weiterhin Raum für künstlerische Innovationen bieten? Wie können sie sich zu lebendigen Kreativpools entwickeln?

AUFBRUCH wagt den Schulterschluss der neun verbliebenen Ensemble-Puppentheater: lädt ein zur Standortbestimmung, zu Visionen und Kooperationen.

Die Ensemble-Puppentheater

Das Ensemble-Puppentheater – charakterisiert durch eine eigene Künstlerische Leitung sowie ein ständig verfügbares Spieler-Ensemble – ist ein genuin ostdeutsches Phänomen. Ab 1950 gründete die DDR vor allem aus bildungspolitischem Interesse 18 staatliche Puppentheater nach sowjetischem Vorbild. Da es in den westdeutschen Bundesländern keine Entsprechung für sie gibt, wurden nach der Wiedervereinigung die meisten abgewickelt oder als Sparte in größere Theater integriert.

Die verbliebenen kommunalen Ensemble-Puppentheater erreichen jährlich rund 200.000 Besucher vom Kleinkind- bis ins Erwachsenenalter. Sie sichern nicht nur die regionale Grundversorgung Kinder und Jugendlicher mit Theater, sondern stoßen seit Jahren künstlerische Innovationen der gesamten darstellenden Kunstszene an. Dementgegen steht ihre unzureichende öffentliche Wahrnehmung als Theater, die politisch Stellung beziehen und deren Künstler politisch agieren. Immer wieder sind sie in ihrem Bestehen bedroht.

Von den 18 ehemaligen DDR-Puppentheatern sind heute gerade noch neun vorhanden: in Bautzen, Chemnitz, Dresden, Erfurt, Frankfurt/Oder, Gera, Halle, Magdeburg und Zwickau.

Diese Ensemble-Puppentheater sind Teilnehmer des Projektes AUFBRUCH.

AUFBRUCH – Das Symposium

Angegliedert an das 11. Internationale Figurentheaterfestival BLICKWECHSEL trafen sich vom 28. Juni bis 1. Juli 2016 erstmals seit 1990 rund fünfzig Vertreter  kommunaler Ensemble-Puppentheater und internationale Referenten in Magdeburg. In Impulsvorträgen, Diskussionen und offenen Gesprächsformaten diskutierten sie über Potentiale, Defizite und Strategien zu ihrer Bewältigung in dieser speziellen Form des Puppentheaters. Anlass war die Diskrepanz zwischen der Leistung der Häuser und ihrer unzureichenden öffentlichen Wahrnehmung sowie die gestiegenen Erwartungen an die Theater insgesamt, die Unwucht gesellschaftlicher Entwicklungen ausgleichen zu helfen. Daneben wurde das Problem des fehlenden künstlerischen Nachwuchses im Bereich Puppentheaterregie, Puppenspiel und Puppenbau herausgearbeitet und Lösungsansätze gefunden. Unter anderem scheint eine Befragung und Veränderung der generellen Arbeitsstrukturen der Theaterbetriebe notwendig, um sie für Nachwuchskünstler attraktiv zu halten.

Thesen, Impulse und Statements können der im Nachgang entstandenen, umfangreichen Dokumentation des Symposiums AUFBRUCH entnommen werden.